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Tobias wartet auf ein neues Herz

Der Fünfjährige ist einer von deutschlandweit 12.500 Patienten, die auf eine Organspende hoffen. Durch einen entsprechenden Vermerk auf der neuen elektronischen Gesundheitskarte möchte das Gesundheitsministerium die bislang geringe Anzahl von potenziellen Spendern erhöhen.

 

BAD OEYNHAUSEN Tobias Rojer sitzt mit zwei Freunden an einer Spiele­konsole. Der Fünfjährige lacht, al­bert herum, macht Witze – und doch ist er anders als seine Freun­de. Er liegt im Herz-Diabetes-Zen­trum in Bad Oeynhausen und hat ein künstliches Herz. Schläuche führen aus seinem Körper zu einer Maschine namens „Berlin Heart”, die fast genauso groß ist wie er. Sie hält Tobias, dessen von Geburt an krankes Herz nach einer Herzmus­kelentzündung nicht mehr pumpt, am Leben. Seit zehn Monaten war­tet er auf ein Spenderherz.

 

Drei von vier Deutschen haben keinen Organspenderausweis

Tobias ist laut dem Gesundheits­ministerium einer von 12.500 Men­schen in Deutschland (3800 in NRW), die auf eine Organspende warten. Demgegenüber haben 75 Prozent der Deutschen keinen Spenderausweis. Ein Missstand, findet die NRW-Gesundheitsminis­terin Barbara Steffens (Grüne). Deshalb hat das Land Änderungs­anträge zum Transplantationsge­setz eingereicht. ,,Jedem ist zuzumuten, sich einmal im Leben mit der Frage der Organspende ausei­nanderzusetzen”, sagt Steffens. Demnach könnte die Bereitschaft zur Organspende auf der neuen elektronischen Gesundheitskarte abgespeichert werden. Wie Tobias kennt auch Hans Schmolke das Gefühl des Wartens. Heute führt der 68-Jährige aus Vel­bert dank eines neuen Herzens ein völlig normales Leben und enga­giert sich in Selbsthilfegruppen. Seine 360-tägige Wartezeit wird er aber nie vergessen. ,,Das laute Brummen der künstlichen Herz­pumpe, die Ungewissheit, ob die Technik durchhält, bis das neue Herz da ist – das war alles furcht­bar”, erzählt Schmolke.

 

Als er am 4. Februar 2000 abends vor dem Fernseher saß, war er sich sicher, er würde bald sterben. ,,Ich hatte schon damit begonnen, mich zu verabschieden”, sagt Schmolke. Dann klingelte das Telefon. ,,Sind Sie fit, Herr Schmolke? Wir haben ein Herz für Sie.” Vier Stunden ist ein Herz nach der Entnahme noch für eine Einpflanzung geeignet Zum Überlegen bleibt da nicht viel Zeit.

 

In diesem Moment wird die Or­ganspende zum sensiblen Thema, laut Fachärzten vor allem aus zwei Gründen. Erstens das Vorurteil, ein hirntoter Mensch sei gar nicht rich­tig tot. ,,Das Hirn ist für sämtliche Regulationen im Körper zuständig, wenn das Hirn tot ist, ist der Sterbe­prozess nicht mehr aufzuhalten -in diese Diagnose brauchen wir mehr Vertrauen”, sagt Eugen Sandica, Di­rektor des Departments für die Chi­rurgie Angeborener Herzfehler des Herz- und Diabeteszentrums NRW in Bad Oeynhausen. zweitens der denkbar unangenehme Zeitpunkt, die Angehörigen des Hirntoten un­mittelbar nach der Diagnose zu fragen, ob eine Organspende in Frage kommt. Sandica ruft dazu auf, das sensible Thema anders zu deuten: ,,Wir brauchen Organe auf der Welt, nicht im Himmel, den Menschen muss klar sein, dass mit den Orga­nen andere Menschen weiterleben können.”

 

Kurz vor Weihnachten 2010 führte er die Herztransplantation an der drei Jahre alten Melissa aus Mön­chengladbach aus. Vorher hatte sie 488 Tage mit einer künstlichen Herzpumpe gelebt „Das war Welt­rekord”, sagt Sandica. Dann guckt er Tobias hinterher, der sein Herz aus der Maschine, die fast so groß ist wie er und 70 Kilo wiegt, fröhlich auf der Kinderstation spazieren fährt „Nein, diesen Rekord möch­ten wir nicht brechen”, so der Arzt.

 

Tobias und seine Mutter Doris kannten Melissa mit und ohne künstliche Herzpumpe. ,,Wenn die Kinder zu weiteren Untersuchun­gen in die Klinik kommen, sieht man ihnen nichts an. Das gibt viel Kraft”, sagt Tobias’ Mutter, die seit zehn Monaten jeden Tag an der Sei­te ihres Sohnes ist Jeder weitere Tag ist eine Gefahr. Zwei Schlaganfälle hatte er schon – Nebenwirkungen durch das künstliche Herz.

 

Zuletzt waren es die Keime, die dem Jungen zusetzten. Monatelang gab es keine Küsse für Mama, weil beide einen Mundschutz tragen mussten. Als die Zeit vorbei war, hielt er die Hand seiner Mutter stundenlang ganz fest. ,,Wegen der Handschuhe hatte er mich nicht fühlen können”, sagt seine Mutter. Mittlerweile geht es Tobias wieder ein bisschen besser, er feierte mit seiner Familie und Freunden sei­nen Geburtstag.

 

Dass er eines Tages das Herz ei­nes Kindes bekommen wird, das ge­storben ist, weiß er nicht. Seine Mutter sagt: ,,Für ihn ist das neue Herz ein Geschenk, das irgend­wann einmal kommt.” 

 

Den Bericht von Meyel Löning aus der Rheinischen Post vom 07.10.2011 können Sie in der verlinkten PDF lesen.

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